Alleine/ in der Gruppe
Ich glaub ich bin verrückt......so ähnlich waren meine Gedanken, als ich mich im Flieger nach Biarritz befand um nach St. Jean-Pied-de-Port zum Ausgangsort meines ersten Caminos zu gelangen. Reiseerfahren war ich ja, aber mutterseelenalleine 800 km durch Spanien latschen, ohne Wandererfahrung jeglicher Art, untrainiert, ohne spanische Sprachkenntnisse (Englisch und etwas Französisch vorhanden) eher schüchtern und mit einer Aversion gegen Gemeinschaftsunterkünfte ausgestattet und das ganze als blonde Frau Anfang 30?
Die Kommentare meiner Familie und Freunde erspare ich euch. Ich glaube alle - mich zunächst eingeschlossen - dachten ich sei in spätestens einer Woche wieder zu Hause..... Es wurde mit zur besten Zeit meines Lebens!
Schon bei der Gepäckausgabe am Flughafen auffällig viele Rucksäcke, im Zug nach St. Jean glich das Abteil einem Pilgersonderzug nach Lourdes und spätestens am Abend in der privaten (und sehr zu empfehlenden)Pilgerherberge "L'Esprit du Chemin" war ich angekommen und es hatte sich eine bunte Pilgertruppe gebildet, die die nächsten Tage zusammenblieb.
Gemeinsam erlebten wir die ersten Tage als Pilger, fanden in den Tagesrythmus und erlebten wie das Pilgern rein praktisch funktioniert (Herbergen, Stempel, Waschen, wo essen etc.). Später ging die Gruppe auch eigenen Wege, aber viele traf ich - manchmal 1-2 Wochen später- wieder, es ergaben sich neue Weggemeinschaften und manchmal folgte ich auch dem Bedürfnis nach Einsamkeit und ging alleine. Abends in den Herbergen traf man ja wieder auf viele Gleichgesinnte, mit denen man sich austauschen konnte.
Mein zweiter Weg war der Portugues: wieder reiste ich alleine an und traf zufällig am Flughafen meine Pilgerfreundin für den ganzen Weg. Schon am ersten Tag teilten wir ein Zimmer in einer Pension, gingen tagsüber gemeinsam und verbrachten die Abende mit unseren Pilgerfreunden aus Malta und Australien die wir unterwegs kennenlernten.
Die Via de la Plata traute ich mir alleine nicht zu - zu lange Strecken , wenig andere Pilger......so habe ich mich mit Fred und seinem holländischen Pilgerfreund zusammengetan, wir wollten sehen ob es in der Gruppe klappt und sind ohne Verpflichtung den kompletten Weg zusammen zu gehen gemeinsam in Sevilla gestartet. Danke an meine beiden Pilgerfreunde die mich bis Salamanca begleitet haben (ich mußte arbeitsbedingt nach Hause) es war eine tolle Zeit mit euch!
Im Jahr darauf habe ich erlebt, dass es auch mal schiefgehen kann, trotz gemeinsamer Vorbereitung trennten sich die Wege von meiner ursprünglichen Pilgerpartnerin und mir schon nach zwei Tagen, dafür ging es dann mit einer anderen Person sehr gut.
Überhaupt habe ich schon erlebt dass sich sogar gute Freunde oder Paare unterwegs zerstreiten oder zumindest zeitweise trennen, um einem Streit aus dem Weg zu gehen - oftmals ist einfach ein komplett unterschiedliches Gehtempo "schuld". Wenn der eine Partner ständig warten muss, oder aber nur am Rande der Leistungsfähigkeit hinterher rennt, wird das nichts! Dann lieber die Tage getrennt verbringen und sich abends treffen.
Fazit: ich gehe gerne alleine, freue mich über Begleitung die sich ergibt und habe ein paar sehr gute Pilgerfreunde mit denen ich mich jederzeit wieder auf den Weg mache!
Also macht euch ruhig alleine auf und seht was oder wer auf auch zukommt.
Es gibt natürlich auch organisierte Pilgertouren auf dem Jakobsweg.
Es gibt Gruppen aus Pfarreien, oder aber auch von Wanderreisen-Veranstaltern ausgearbeitet Touren.
Von eher touristisch geprägten Busrundreisen mit täglich einigen Kilometern (1-2 Std / täglich) die gewandert werden (Unterkunft dann in der Regel in besseren Pensionen und Hotels- da Gepäckt wird gebracht), bis zu Varianten wo man als Gruppe mit Gepäck wandert und evtl ein Begleitfahrzeug für den Notfall dabei ist, gibt es viele Möglichkeiten.
Michaela